Visualisierung der Erde mit Begrüßungen in vielen Sprachen

i18n: Einfach den Text ersetzen

Lesedauer 3 Minuten

Ich arbeitete einmal in einem Projekt, in dem Software entwickelt wurde, die für Bedienterminals in ganz Europa eingesetzt wurden. Vereinzelt wurden bereits auch Exemplare in die Vereinigten Staaten ausgeliefert; auch Länder in Süd- und Mittelamerika waren darunter. Hierbei kam es natürlich häufig vor, dass eine neue Sprache in der Oberfläche gebraucht wurde. Internationalisierung (i18n) war somit in der Applikation implementiert und auch keine große Neuigkeit. In den genannten Fällen war das grundsätzlich unkritisch. Mit Englisch, Spanisch und Französisch wurde schon ein großer Teil der westlichen Welt abgedeckt.

Plötzlich wurde uns aber vom Vertrieb mitgeteilt, dass ein Gerät nach Israel verkauft wurde. Und um den Kunden entgegenzukommen, war es nun nötig, Hebräisch als Bediensprache einzupflegen.

Das war hochkritisch. Die Gründe dafür möchte ich in diesem Blogeintrag erklären.

Schriften sind unterschiedlich

Die Überschrift ist offensichtlich wahr. Es gibt in einigen Sprachen Zeichen, die in anderen gänzlich unbekannt sind. Beispiele hierfür gibt es viele:

  • Die deutschen Umlaute ä, ö, ü und das scharfe ß
  • Die Akzente, Tilden und Cedille in anderen romanischen Sprachen wie Französisch, Spanisch, oder Italienisch: é, ñ, ç
  • Das Kroužek in nordischen Sprachen, wie Dänisch: Å
  • u.v.m.

All diese Beispiele treffen jedoch nur auf das lateinische Schriftsystem zu. Es gibt allerdings noch weitere Schriftsysteme wie das Kyrillische, Arabische oder eben das Hebräische. Zusätzlich existieren noch viele weitere Schriftsysteme im asiatischen Raum. All diese Schriftsysteme haben ihre Eigenheiten.

Eine Besonderheit der Hebräischen Schrift (wie auch der Arabischen) ist die Linksläufigkeit, d.h. sie wird von links nach rechts und oben nach unten gelesen.

Und das hat dann logischerweise massive Auswirkungen auf das Design der grafischen Oberfläche!

Ganz offensichtlich müssen dabei bspw. Menüs, die typischerweise auf der linken Seite des Bildschirms aufzufinden sind, für linksläufige Schriftsysteme auf der rechten Seite angezeigt werden.

Bei Schriftsystemen mit Schriftzeichen wie bpsw. im traditionellen Chinesisch muss zusätzlich auf die Schriftgröße geachtet werden. Da die Schriftzeichen teilweise sehr filigran sind, müssen sie entsprechend groß auf dem Bildschrim angezeigt werden, um den Text gut lesbar zu halten.

Bei der Konzeption einer grafischen Oberfläche ist somit auch entscheidend, dass man sich mit den verwendeten Schriftsystemen auseinandersetzt und entsprechende Anpassungen am Design vornimmt. Nur so können die Besonderheiten der einzelnen Schriften gut in der Oberfläche abgebildet werden. Damit gilt, wie immer beim Design von Benutzeroberflächen:

Kenne deine Benutzer:innen!

Kulturen sind unterschiedlich

Auch über diesen zweiten Punkt sollte es keine Diskussionen geben. Selbstverständlich sind Kulturen unterschiedlich. Für das Design von grafischen Oberflächen hat dies allerdings ganz konkrete Auswirkungen und zwar im Bezug auf Farben.

Stellen wir uns ein einfaches Szenario vor: Bei einer Präsentation von Quartalszahlen eines Konzerns mit vielen Filialen in unterschiedlichen (Bundes-)Ländern sind die einzelnen Gebiete farblich gekennzeichnet. Die Farbe stellt so die Umsätze dar. Wenn nun allerdings für besonders gute Umsätze die Farbe rot genutzt wird, dann kann das in unserem Kulturkreis zu Verwirrungen führen. Hier bedeutet Rot schließlich Gefahr oder, wie im Beispiel, negative Zahlen.

Anmerkung: Dieses Beispiel ist nicht so imaginär, wie man es sich gerne vorstellen möchte…

In anderen Kulturen haben Farben andere Bedeutungen. Die nebenstehende Grafik stellt dies in wunderbarer Form dar. So steht z.B. für Tod in einigen Kulturen schwarz, in anderen weiß, silber oder grün.

Es gibt allerdings auch Beispiele für Farben, die in allen Kulturen eine ähnlihce Bedeutung haben, wie z.B. Gold. Es steht fast überall für Wohlstand, Erfolg und hohe Qualität. Bei den meisten Farben ist allerdings Vorsicht geboten, wenn der eigene “gewohnte” Kulturkreis verlassen wird.

Fazit

Internationalisierung ist ein Thema, mit dem man sich besser zu früh als zu spät beschäftigen sollte. In vielen Projekten, die ich bislang erlebt habe, wurde erst sehr spät darüber nachgedacht. Meist wurden andere Sprachen sehr schnell in die Systeme eingepflegt und mögliche Folgen nicht weiter bedacht.

In dem Beispiel, das ich eingangs beschrieb, war es jedoch anders. Ich konnte die Projektverantwortlichen davon überzeugen, dass die Implementierung der Hebräischen Sprache für dieses Projekt nicht schnell übers Knie gebrochen werden konnte. Der Aufwand war schlicht zu hoch.

Wichtig ist und bleibt bei der Konzeption von grafischen Oberflächen, sich mit den Benutzer:innen auseinander zu setzen. Es ist essenziell zu wissen, wer sie sind, welche Aufgaben sie haben, welche Ressourcen sie verwenden und wie ihr Umfeld charakterisiert ist. Ein Aspekt des Umfeldes ist die Sprache, ein weiteres die Kultur. Beides muss deshalb bereits frühzeitig analysiert und berücksichtigt werden.


Kommentare

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert